Es war nur ein kurzer Augenblick. Ein kurzer Augenblick, in dem sie darüber nachgedacht haben, alles an den Nagel zu hängen. Das war im Frühjahr 2018. „Für uns war damals klar, entweder wir hören auf oder wir reagieren in die alternative Richtung“, erzählt Dr. Stefan Clemens Wille. Aber im Grunde ihres Herzens sei Aufhören nie wirklich eine Option gewesen, erzählt seine Frau, Lisa Wille. Die beiden bewirtschaften ihren Hof,  die NEULAND-Hof Müller & Wille GbR, mit 140 Hektar in Bockenem, Landkreis Hildesheim, Südniedersachsen.

Konventionelle Haltung fühlte sich nicht richtig an

Übernommen hat das Paar den konventionell betriebenen Hof von Lisas Vater. Schon immer war es ein Schweinemast-Betrieb, wobei die Tiere größtenteils auf Stroh gehalten wurden – also eher unkonventionell für konventionell. Sie hätten einen weiteren Stall bauen und so weitermachen können, erzählt Lisa Wille. Aber das fühlte sich nicht richtig an. Außerdem sei eine konventionelle Strohhaltung einfach zu aufwändig, lohne sich unterm Strich nicht. Da haben sich die Willes mit der älteren Generation beratschlagt, wie es nun weitergehen soll. Womit wir bei genannter „alternativer Richtung“ wären – was bedeutet das genau?

„Wer umstellen möchte, muss auch dahinter stehen!“ 

„Wir haben uns verstärkt mit Haltungskriterien auseinander gesetzt“, erklärt der promovierte Landwirt. Außerdem hat er sich in seiner Doktorarbeit mit Schweinefleischvermarktung befasst und ist dabei auf NEULAND gestoßen. Und dann gibt es da noch eine halbe Stunde entfernt den Ferkel-Erzeuger der Willes, der den Schritt zu NEULAND mit ihnen gemeinsam geht. „Das sind gute Ferkel, die wir von ihm bekommen. Außerdem können wir gut miteinander, das Vertrauen ist da“, sagt Stefan Wille. Und dann fackelten sie nicht lange: „Wir haben einen Plan geschmiedet, wie wir die Ställe umbauen müssen“, erzählt Lisa Wille. Architekt und Statiker wurden ins Boot geholt, Zeichnungen angefertigt, dann der Bauantrag gestellt. Vor Ort erhielten Sie beratende Unterstützung von NEULAND. „Wir haben uns auch andere NEULAND-Betriebe angeschaut, wie die das gelöst haben“, erzählt die 26-Jährige. So eine Umstellung sei doch recht individuell. Da wurden dann schon mal Pläne wieder verworfen und verbessert. „Und manchmal auch nochmal eine Nacht darüber geschlafen“, räumt sie lachend ein.

Alle packen beim Umbau mit an

Überstürzen wollten die Willes nichts. Naja, konnten sie auch gar nicht – zwischen Antrag und Baugenehmigung lag immerhin ein halbes Jahr. Und dabei ging es nur um die Ausläufe. „Bürokratisch gesehen wird es einem da nicht leicht gemacht“, findet Lisa Wille. In ihren Augen sei es paradox – „man will den Tieren was Gutes tun und trotzdem werden einem immer wieder Steine in den Weg gelegt.“ Diese „Steine“ sind immer wieder neue Gutachten, die erstellt werden müssen. „Das kostet Zeit, Geld und Nerven“, bringt es die Landwirtin auf den Punkt. Eigentlich wollten sie im Winter (um) bauen, damit im Frühjahr alles fertig ist. Doch die Bürokratie machte ihnen ein Strich durch die Rechnung. Als es dann im Mai 2019 endlich losging, mussten die Willes neben der täglicher Arbeit noch die Bauphase stemmen. Ein Glück, dass sie sich da auf ihre Mitarbeiter verlassen konnten. Mitarbeiter, die handwerklich sehr begabt sind. Vom Schmied über den Elektriker bis zum Landmaschinenmechaniker haben alle mit angepackt. Überzeugt von der künftigen NEULAND-Haltung ist das ganze Team – sonst wäre das in der Form gar nicht möglich gewesen, „schließlich waren alle in den Baualltag integriert“, so der Landwirt. „Die Umsetzung der Bauarbeiten haben wir, bis auf Architektur und Statik, komplett in Eigenleistung gemacht.“ Da schwingt ein bisschen Stolz mit – und das zu recht. Ergebnis der Mühen: die Ställe wurden erfolgreich umgebaut. Dabei gab es allerdings nur kleine Änderungen, in erster Linie wurden die von NEULAND vorgeschriebenen Funktionsbereiche für die Tiere geschaffen. Die Ausläufe waren die „große Neu-Investition“. Momentan gibt es auf dem Hof 500 Mastplätze – zum Vergleich: davor waren es knapp über 1.000.

Optimistischer Blick in die Zukunft

Familie, Freunde und Bekannte finden ihre Entscheidung gut und zeigen großes Interesse an dem Kurswechsel. Dass sie von einigen konventionellen Landwirten belächelt werden, nehmen sie auf die leichte Schulter. Ermutigen würden die Willes jeden, sich für eine besonders artgerechte Tierhaltung zu entscheiden. Aber nicht in erster Linie aus wirtschaftlichen, sondern aus ethischen Gründen. „Wer umstellen möchte, muss auch dahinter stehen. Es ist schon mehr Handarbeit hier und da, man muss sich mehr mit dem Tier beschäftigen, das muss man wollen!“ Apropos wollen – welche Wünsche und Erwartungen haben die beiden? „Wir wünschen uns Verlässlichkeit seitens der Politik“, so Stefan Wille. Er möchte mitreden. Ihn stört, dass Leute, die keine Ahnung haben, Entscheidungen für die Landwirte treffen: „Es wird über uns, nicht mit uns diskutiert.“ Seine Frau schlägt den Bogen wieder zur Bürokratie, die ja schon beim Umbau eher Bremse als Motor war. „In Deutschland sind die Auflagen einfach zu hoch und werden immer noch höher geschraubt.“ Das passe mit den offenen Märkten einfach nicht zusammen. „Diese Preise sind nicht realisierbar!“ Nur wenn sich Europa auf gemeinsame Standards einige, sei ein fairer Wettbewerb möglich. Dennoch sind die Willes guter Dinge und blicken optimistisch in die Zukunft. „Für uns steht fest, dass wir noch einen Stall bauen wollen.“ Sie sind überzeugt von der besonders tiergerechten Haltung und geben das auch weiter. „Wir laden gerne jeden auf unseren Hof ein, um sich einmal umzuschauen“, sagt Lisa Wille. „Wenn man gesehen hat, wie anders sich die Tiere hier verhalten, wie sie im Stroh spielen und rumflitzen, reicht das schon als Überzeugung.“