Die Profilierung von Fleischerfachgeschäften ist von vielfältigen Faktoren abhängig:
- Lage: Stadt/Dorf, soziale Schichtung, Verkehrsanbindung, Parkplätze
- Zielgruppen: soziale Milieus
- Sortimentsgestaltung: Fleischbezug/Herkunft, Regionalität, Spezialitäten, handwerkliche Qualität, keine standardisierte Einheitsware.
In deren Kombination lassen sich Alleinstellungsmerkmale aufbauen.
Folgende Konzepte würden sich aus der Recherche und Analyse für die Profilierung von Fleischerfachgeschäften gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel ergeben.
- Die Biofleischerei:
Fleischerfachgeschäfte stellen den Bezug ihr Fleisch- und Wurstprodukte komplett auf zertifizierte EU-Bioware um. Selten ist bei der Biofleischerei das eigene Schlachten zu beobachten. Der Bezug läuft über zertifizierte Großhändler, die in der Regel die heimischen Marken, Bioland, Demeter oder Naturland vertreiben. Die Besonderheit bei der Biofleischerei ist der Verzicht auf Nitritpöckelsalz bei der Wurstherstellung. Bei Bioland gab es 2017 115 angeschlossene Fleischereien. (www.bioland.de). Die Richtlinien für die Verarbeitung von Fleisch und Fleischerzeugnissen sind in der Anlage zu sehen. Die Biofleischer zeichnet sich durch einen hohes Alleinstellungsmerkmal aus, auch muss „Bio“ nicht nochmal erklärt werden, da in der Verbraucherschaft schon ein hoher Kenntnisstand vorhanden ist. Der Nachteil der Biofleischerei liegt im hohen Preissegment, der nur eine bestimmte Zielgruppe anspricht.
- Die NEULAND-Fleischerei:
Die NEULAND-Fleischerei sieht in ihrer Profilierung die Betonung der besonders tiergerechten Haltung in bäuerlichen Betrieben. Daneben spiel die regionale Herkunft und gentechnikfreie Futtermittel eine große Rolle. (www.neuland-fleisch.de) Die NEULAND-Richtlinien entsprechen der Premiumstufe der Haltungskennzeichnung des Handels (Stufe 4) oder der des geplanten staatlichen Tierwohllabels (Stufe 3). Die NEULAND-Betriebe werden entsprechend kontrolliert und zertifizert.
Für Fleischerfachgeschäft gelten spezielle Verarbeitungsrichtlinien, die die Kennzeichnung und Verarbeitung regeln. (siehe Anlage)
Bei NEULAND sind 50 Fleischerfachgeschäfte angeschlossen, mit den Schwerpunkten Berlin, Niedersachsen und Westfalen. Das Preissegment liegt ca. 20 – 30 % über konventionellen Preisen. Aber auch hier gilt für die Zielgruppe ein qualitätsorientierte Orientierung.
- Fleischer mit regionaler Herkunft:
Z.B. bei der BESH (Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch-Hall) und dem Metzgerschlachthof Fürth.
Die BESH ist ein Beispiel für ein besonderes Konzept, welches die regionale Herkunft, über einen eigenen Erzeugerschlachthof und die Kombination mit einer alten Schweinerasse sieht. Zwar hat die BESH auch reinrassige Schwäbisch-Hällische Schweine im Angebot, aber für das normale Angebot für angeschlossene Fleischerfachgeschäfte werden Kreuzungstiere angeboten. Die angeschlossenen landwirtschaftlichen Betriebe werden nicht im Sinne von Haltungsnormen kontrolliert, aber gründlich beraten. Regional hat die BESH eine hohe Bedeutung bei der Differenzierung und Profilierung von Fleischerfachgeschäften (www.besh.de)
Ein anderes Beispiel für die Herausstellung der Regionalität ist der Metzgerschlachthof Fürth, mit 103 Gesellschaftern aus der Region Fürth und einem Einzugsgebiet von 50 km. Hier spielt die Regionalität die herausragende Rolle. Daneben gibt es aber auch noch selbstschlachtende Fleischer, die die Selbstschlachtung als Qualitätsmerkmal herausstellen.
Ein Beispiel ist das Norderfleisch des Fleischermeisters Enno Appelhagen in Norden Ostfriesland. (www.fleischerei-appelhagen.de)
Hier spielt nur die regionale Herkunft und Schlachtung eine Rolle für die Profilierung eine Rolle.
- Fleischer mit Strohschweinen
Hierbei gibt es verschiedene Modelle für den Bezug von Schweinen, die als besondere Profilierung das Tierschutzargument Strohhaltung aufführen.
Neben dem Modell der IG bayerische Strohschweine (www.ig-bayerische-strohschweine.de) bei dem Metzger von landwirtschaftlichen Betrieben die ihre Schweine auf Strohhalten, um regional zu schlachten und auch Tierschutzaspekte zu berücksichtigen, ist noch das Beispiel das Schlachtunternehmens Brand in Lohne zu nennen. (www.brand-meat-excellence.de)
Hierbei ist es ein Schlachtunternehmen welches die Organisation übernimmt.
Bei beiden Beispielen handelt es sich um eine Kombination von Tierschutzaspekten und Regionalität. Wobei die Tierschutzaspekte nicht das Premiumniveau NEULAND oder Bio erreichen, aber bei dem geplanten staatlichen Tierwohllabel immerhin die 2. Stufe erreichen würden.
- Fleischer mit Spezialitäten aus regionaler Herkunft mit Tierschutzanspruch:
Ein besonderes Beispiel einer gelungenen Profilierung ist der Fleischermeister Wolfgang Speth mit der Produktion von Schinkenspezialitäten (www.schinken-ambiente.de).
Hier besteht eine Kooperation mit einem Landwirt, der in einem Außenklimastall mit Stroheinstreu eine Kreuzung aus dem spanischen Iberico-Eber mit Mutterschweinen der Rasse „Deutsches Landschwein“, hält. Damit verbindet er Tierschutzaspekte, mit einer besonderen Fleischqualität und regionaler Herkunft. Bei diesem Konzept könnte die eigene Schlachtung die Profilierung noch erhöhen.
- Fleischer mit regionaler Kooperation mit dem selbständigen Lebensmitteleinzelhandel
Eine besondere Form der Profilierung stellt die regionale Kooperation mit dem selbständigen Lebensmitteleinzelhandel dar. Ein Beispiel ist die NEULAND-Fleischerei Drewes aus Ammelinghausen, die in einem EDEKA-Markt in Mahlbeck im Landkreis Lüneburg eine Wursttheke bestückt. Inwieweit dieses Modell zukunftsweisend ist, müsste noch stärker untersucht werden. Zumindest bietet es eine Alternative in Regionen mit ausgedünnter Struktur von Fleischerfachgeschäften. Hierbei spielt aber auch ein Alleinstellungsmerkmal eine Rolle, in diesem Fall die besonders tiergerechte Haltung nach NEULAND.
- Fazit: Handlungsempfehlungen
Fleischerfachgeschäfte sind durch einen starken Strukturwandel betroffen, der durch den Wettbewerbsdruck aus dem Lebensmitteleinzelhandel und den Veränderungen von Ernährungsgewohnheiten begründet ist.
Der stellt sich die Frage welche Alleinstellungsmerkmale Fleischerfachgeschäfte aufweisen können und welche Strategien zur Profilierung gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel möglich sind ?
Als Alleinstellungsmerkmale haben sich herausgestellt:
- Handwerkliche Verarbeitung, auch mit eigener Schlachtung
- Herkunft der Tierhaltung, Haltungsform als Differenzierungsmerkmal, z.B. NEULAND
- Regionaler Bezug
- Nachvollziehbare Kennzeichnung
- Kompetenz der Bedienkräfte.
Als Strategien zur Profilierung haben sich folgende Konzepte herausgebildet:
- Der Biofleischer
- Der NEULAND-Fleischer
- Fleischer mit regionaler Herkunft
- Fleischer mit Strohschweinen
- Fleischer mit Spezialitäten aus regionaler Herkunft mit Tierschutzanspruch
- Fleischer mit regionaler Kooperation mit dem selbständigen Lebensmitteleinzelhandel
Bei dieser Einteilung können sich natürlich auch Überschneidungen ergeben. Es zeigt sich aber das Regionalität im Zusammenhang mit Tierschutzanforderungen eine wesentliche Bedeutung zukommen. Die regionale und organisatorische Ausprägung hängt dann von sozialen und kulturellen Faktoren ab. Bei entsprechender Betriebsorganisation gibt es jedoch gute Zukunftsperspektiven für Fleischerfachgeschäfte, die den Qualitätswettbewerb annehmen und sich damit gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel profilieren können