In den Medien ist auch durch die Slow Food-Messe in Stuttgart und Slow-Fisch-Messe in Bremen ein verstärktes Interesse an Produkten vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen zu beobachten. Das hängt mit dem globalen Foodtrend zusammen, aber auch mit der Suche nach Alternativen zur industriellen Nutztierhaltung.

Betrachtet man den Fleischmarkt so ist kaum eine Differenzierung nach Haltungsart oder Herkunft zu beobachten. Der Anteil von Ökofleisch oder von NEULAND Fleisch liegt ca. bei 1%. Der Anteil von Fleisch von vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen dürfte unter 0,1% liegen. Das Potential auf dem Markt dürfte gerade in Verbindung mit der besonders tiergerechten Haltung und regionaler Herkunft zwischen 1-10% liegen. Die heutige Erzeugerstruktur ist sehr zersplittert, so dass differenzierte Vermarktungsmöglichkeiten betrachtet werden müssen. Die GEH strebt ein Gütesiegel für Mitgliedsbetriebe an, bei dem die Reinerbigkeit der Rassen nachgewiesen werden muss. Für Kleinbetriebe ergeben sich auch Probleme bei der Erreichbarkeit von dezentralen Schlachtstrukturen. Vermarktungsfördernd wirkt die Erkenntnis, dass in der Regel die vom Aussterben bedrohten Tierarten einen hohen Geschmack- zw. Genußwert mitbringen und sich damit gut von konventioneller Massenware abheben können. Damit sind gute Voraussetzungen für den Ausbau von Vermarktungsmöglichkeiten für vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen gegeben. Nachfolgend sollen diese anhand des Bunten Bentheimer Schweines untersucht werden.

Bentheimer Direktvermarktung

Die klassischste und weitverbreiteste  Art und Weise der Vermarktung des Bunten Bentheimer Schweines ist die Direktvermarktung ab Hof. Dabei werden gemästete Schweine direkt zum Hausschlachter bzw. zum regionalen Metzger gebracht, dort geschlachtet und verarbeitet. Ein professionelles Beispiel ist der Natur- und NEULAND Hof Büning (www.naturlandhof-buening.de) Der Betrieb hat 40 Sauen mit ca. 200-250 Mastschweinen pro Jahr. Ab Hof können ganze Schweine aber auch Teilstücke gekauft werden. Eine Besonderheit ist die Internetbestellung. Die Direktvermarktung stellt ein wichtiges Standbein bei der Vermarktung der Bentheimer Schweine dar und sollte noch professioneller ausgebaut werden.

Bentheimer Erzeugergemeinschaft

Eine alleinige Bentheimer Erzeugergemeinschaft oder Genossenschaft gibt es noch nicht. Es gibt aber Ansätze, die in diese Richtung gehen. Um den Naturland-NEULAND Betrieb Büning gibt es eine Erzeugergruppe, die an Fleischerfachgeschäfte geliefert hat. Und in der NEULAND GmbH Bad Bevensen gibt es eine Erzeugergruppe, die Bentheimer für die Lieferung an Fleischfachgeschäfte  hält. Die NEULAND Fleischerfachgeschäfte beziehen Schweinehälften und zerlegen und verarbeiten diese selber. Den Schlachtauswertungen in Bad Bevensen kann man entnehmen, dass die Schlachtkörper in der Fettabdeckung sehr schwanken. Je höher die Schlachtgewichte, desto höher die Fettanteile. Es hat sich aber auch gezeigt, dass durch Fütterung und Anstreben von Schlachtgewichten von 90-100 kg Zertifizierungen von R möglich sind.  Eine Erzeugergemeinschaft bietet gute Möglichkeiten der marktgerechten Erzeugung, indem Beratung und Qualitätsmanagement gezielt eingesetzt werden können.

Bentheimer Fleischerfachgeschäfte

Zum Erhebungszeitpunkt dürften sogar 10-15 Fleischerfachgeschäfte in Norddeutschland Fleisch von Bunten Bentheimer führen. Erfolgreiches Beispiel von Bio Bentheimern ist die Fleischerei Sostmann in Bramsche (www.sostmann.de), die vom Naturlandhof Büning beliefert wird.  Weitere positive Beispiele sind die NEULAND Fleischereien Prott und Willers in Bremen. Es wird von gezielten Kundennachfragen berichtet. Wenn die Verfügbarkeit von Bentheimern höher wäre, würde die Fleischerei Willer ganz auf Bentheimer umstellen. Bentheimer können in Fleischerfachgeschäften einen guten Platz einnehmen, ob eine Gesamtumstellung funktioniert, muss erst noch bewiesen werden. Zweifel sind angebracht.

Bentheimer Gastronomie

Es gibt positive Beispiele der Plazierung von Bentheimern in der Gastronomie. Ein bekanntes Beispiel ist das Schenk’s Hotel – und Gasthaus Amelinghausen in der Lüneburger Heide (www.schencks.de) Das typische Problem ist dabei die kontinuierliche Verfügbarkeit von Teilstücken, die nicht immer gegeben ist. Daher wird Buntes Bentheimer Fleisch meist nur zu Aktionen angeboten.  Ein anderes Beispiel ist das Krankenhaus in Wittenberg, von dem zeitweise Bentheimer Fleisch direkt vom Erzeuger bezogen wurde (Anlage 3). Aber auch die Gemeinschaftsverpflegung hat Interesse. So gab es eine Anfrage von der Kantine des VW-Werkes in Wolfsburg, die für eine Aktion 7000 Bentheimer Kottelets haben wollte. Die Verfügbarkeit war nicht gegeben.

Fazit: Eine Vermarktung über die Gastronomie kann erst dann ausgebaut werden, wenn eine größere Verfügbarkeit von Teilstücken gegeben ist.

Bentheimerim Lebensmitteleinzelhandel

Im Rahmen der Produktdifferenzierung hat der Lebensmitteleinzelhandel ein Interesse auch Produkte vom Bentheimer Schwein zu plazieren. Momentan gibt es aber kein Angebot, weder als Frischfleisch noch als SB-Verpackungsfleisch. Interessant könnte aber eine Strategie von EDEKA Hannover Minden sein. Im Rahmen der Regionalvermarktung, soll es Direktvermarktern im Umkreis von 30 km ermöglicht werden, Produkte direkt am Markt zu plazieren. Aufgrund der hohen Geschmacksausprägung bei Schinken und Wurst wäre eine Spezialitätenvermarktung analog spanischer Spezialitäten ein denkbarer Weg.

Ein Negativbeispiel im LEH ist die Vermarktung von Schwäbisch Hällischem Fleisch. Unter der Handelsmarke „frohNatur“ wird über den Wursthersteller Stockmeyer im EDEKA Center im Bereich der EDEKA Hannover-Minden, Streichmettwurst und Leberwurst vertrieben. Die Produkte sind ausgezeichnet mit „Schwäbisch-Hällischem Qualitätsschweinefleisch g.g.A.“, so dass man nicht weiß, wieviel Fleisch von der vom Austerben bedrohten Nutztierrasse eigentlich enthalten ist (www.frohnatur-erleben.de).

Betriebswirtschaftliche Daten  

Kostenkalkulation Buntes Bentheimer Schwein

Ausblick und Förderung

Der Fleischmarkt bietet Chancen für die Vermarktung von Bunten Bentheimer Schweinen. Folgende Vorschläge können gemacht werden:

  1. Zuchtbasis schaffen, durch Selektion auf definierte Qualitätsparameter. Keine Kreuzungstiere.
  2. Erzeugerzusammenschluss gründen, um genug Menge, Quali¬tät und faire Preise zu bekommen.
  3. Kooperationspartner finden, wie Verbände, Slow-Food, BUND oder Tierschutzbund, die die Idee gesellschaftlich weitertragen.
  4. Fleischerfachgeschäfte als strategischen Partner behandeln.
  5. LEH nur als langfristiger Partner, wenn genug Ware verfügbar ist. Dabei Qualitätsführerschaft behalten.
  6. Förderung politisch einfordern. Aufgrund des geringen Produktionsumfangs ist es notwendig, dass es auch in diesem Bereich Förderungen gibt. In der Forschung, Beratung, Zucht und Vermarktungsorganisation. Die Reform der EU-Agrarpolitik nach 2013, insbesondere die EHLER-Verordnung bietet dafür eine gute Möglichkeit.

Stand: 12/2011

Die Studie wurde von der Landwirtschaftlichen Rentenbank gefördert

Autor: Jochen Dettmer, Bundesgeschäftsführer NEULAND e.V.

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